Wenn es schmerzt und knirscht - Betrachtung einiger Gelenkerkrankungen aus hundephysiotherapeutischer Sicht

Die kleine Terrierhündin Lena war eine quietschvergnügte, sehr aktive Junghündin. Mit 10 Monaten schrie sie bei einem Spaziergang plötzlich laut und hielt ihr rechtes Vorderbein hoch. Ab diesem Moment konnte sie keinen Schritt mehr gehen. Diagnose: Luxation des Kopfes des Oberarmknochens (Humeruskopfluxation), umgangssprachlich auch als Rausspringen der Schulter bezeichnet.
Wie jedes echte Gelenk besteht das Schultergelenk aus mehreren Knochen, deren Enden das Gelenk bilden. In diesem Fall sind es zwei: Schulterblatt (Scapula) und Oberarmknochen (Humerus).

Darstellung des Schultergelenks

Knochen, Bänder, Sehnen und Muskeln: eine funktionelle Einheit

Das obere Ende des Humerus ist wie eine Halbkugel geformt und das untere Ende des Schulterblattes wie eine Schale, in die der Humeruskopf exakt hineinpasst. Bänder verbinden beide Gelenkpartner und halten das Gelenk zusammen und stabil. An beiden Knochenenden befinden sich die Gelenkknorpel. Obwohl diese Knorpelschichten nur wenige Millimeter dick sind, haben sie eine sehr wichtige Funktion. Sie wirken als Gleitschicht im Gelenk und die Oberflächen des gesunden Knorpel sind so glatt, dass sie eine problemlose Bewegung ermöglichen.
Die zweite Hauptaufgabe der Gelenkknorpel besteht darin, Druck aufzunehmen, abzufedern und optimal auf den Knochen zu verteilen. Sie wirken wie ein Stoßdämpfer im Auto. Ohne sie wäre jede Bewegung schmerzhaft und die Gelenkflächen schnell abgenutzt und geschädigt.
Umschlossen ist das Gelenk von der Gelenkkapsel, deren innere Schicht die Gelenkschmiere (Synovia) produziert.

Die Gelenkhöhle ist mit Synovia gefüllt, die zwei wichtige Funktionen hat:

1. Die Gelenkflächen zu schmieren, wodurch eine nahezu reibungslose Bewegung möglich ist.

2. Die Versorgung des Gelenkknorpels: Da er über keine Blutgefäße verfügt, die ihm Wasser, Nährstoffe und Sauerstoff zuführen, nimmt er diese lebensnotwendigen Stoffe ausschließlich durch die Gelenkschmiere auf.

Schematische Darstellung eines Gelenks. In der Realität umgeben mehrere Muskeln und Bänder jedes Gelenk

Nach diesem Prinzip ist jedes echte Gelenk im Hundekörper aufgebaut, aber die Anzahl der beteiligte Knochen und Bänder variiert. Eine Besonderheit ist das Kniegelenk: Die Gelenkpartner passen nicht zusammen, den Ausgleich dafür bilden die Menisken.

Wenn die Schulter rausspringt: Humeruskopfluxuation

Was ist nun bei Lena geschehen? Angeboren, aber bis dahin unbemerkt, waren ihre Bänder im Schultergelenk zu locker und stabilisierten das Gelenk ungenügend. Trat sie auf unebenen Boden oder sprang, subluxierte ihr Schultergelenk: der Obarmknochen schob sich erst nach innen und glitt danach in die Schale des Schulterblattes zurück. Die Subluxationen dehnten Bänder und Gelenkkapsel und das Gelenk verlor weiter an Stabilität. Bis zum Tag x, an dem der Humeruskopf vollständig aus der Schale des Schulterblattes luxierte und nicht mehr zurückglitt. Der Tierarzt reponierte nun das Gelenk und nach Wochen der Schonung konnte Lena wieder toben. Aber das Grundproblem blieb bestehen. In den nächsten zwei Jahren traten die Luxationen immer häufiger auf. Mit jeder neuen Luxation verlor das Gelenk weiter an Stabilität. Eine Operation zur Straffung der Gelenkkapsel unterbrach diesen Kreislauf. Ein Jahr später schrie Lena wieder auf: Erneute vollständige Luxation war die niederschmetternde Diagnose. Jetzt entschieden sich Lenas Halter für Hundephysiotherapie und Nahrungsergänzungsmittel.

Lena (Foto: L.v.d.Wiel)

Die Hundekrankengymnastik stärkte die Schultermuskulatur durch gezielte Übungen, von denen Lena und ihre Menschen einige regelmäßig Zuhause durchführten. In den darauffolgenden Jahren war Lenas Schulter soweit stabil, dass sie nicht luxierte.

Die Rolle der Muskulatur

Was bewirkte das Muskeltraining bei Lena?
Ohne Muskulatur ist keine Fortbewegung möglich. Darum wird die Muskulatur auch als aktiver Bewegungsapparat bezeichnet und die Skelettknochen als passiver. Beispiel Schultergelenk: Muskeln sind mit Schulterblatt und Armkochen verbunden. Kontrahiert der Muskel, dann verkürzt er sich und seine Endsehnen ziehen am Armknochen: Bewegung entsteht. Ist der Muskel gut trainiert und kräftig, dann wirkt eine große Zugkraft. Damit ein Kraft-Gleichgewicht im Gelenk erhalten bleibt, stärkt der Körper Bänder und andere Gelenkstrukturen. Dieser Prozess dauert mehrere Monate. Die Konsequenz für Lena: die Muskelkräftigung straffte und stärkte die Bänder ihres Schultergelenks. Das Gelenk war stabiler. Die kräftigere Muskulatur gab dem Gelenk zusätzlichen Halt.

Viel und kontrovers diskutiert: die Hüftgelenksdysplasie

Die Stärkung von Muskeln, Sehnen und Bänder ist auch bei der Behandlung der wohl bekanntesten Skeletterkrankung, der Hüftgelenksdysplasie (HD) ein Therapieziel. Das Hüftgelenk verbindet Hinterbeine und Rumpf des Hundes. Eine Dysplasie ist per Definition eine Fehlentwicklung. In diesem Fall sind die Knochen fehlerhaft, die das Hüftgelenk bilden: Gelenkpfanne und Oberschenkelkopf. Zusammen bilden sie ein sogenanntes Nussgelenk. Im gesunden Hüftgelenk umschließt die Gelenkpfanne mehr als die Hälfte des Oberschenkelkopfes. Bei einer HD ist das nicht der Fall. Einer oder beide Gelenkpartner sind fehlerhaft ausgebildet; der Oberschenkelkopf liegt nicht weit genug in der Pfanne und die Gelenkpartner passen nicht richtig zusammen. Bei Bewegungen, vor allem bei Sprüngen, führt das zu Subluxationen und zum Abrieb der Gelenkknorpel: schmerzhafte Arthrose entsteht.

Darstellung des Hüftgelenks, links: ein gesundes Hüftgelenk, rechts ein Hüftgelenk mit HD und Arthrose

Arthrose wird meist als Gelenkverschleiß bezeichnet, normal ist sie für Gelenke alter Tiere und Menschen. Bei Hunden mit HD oder anderen Gelenkerkrankungen, fehlerhaften Gelenkstellungen oder dauerhaften Fehl- und Überbelastungen zeigen die Röntgenbilder aber in jungen Jahren bereits arthrotische Veränderungen. Eine Arthrose beginnt mit leichten Schäden im Gelenkknorpel, im weiteren Verlauf kommt es zu Verformungen am Knochen.
Im ersten Arthrosestadium zeigt der Gelenkknorpel rauhe Bereiche, er wird dünner und kleinere Einrisse entstehen. In späteren Stadien ist der eigentliche Gelenkknorpel zerstört und durch minderwertigen Faserknorpel ersetzt. Die gesamten Gelenkflächen verändern sich. Um den Druck auf das Gelenk auszugleichen, bildet der Körper knöcherne Randwülste (Osteophyten) und vergrößert so die Gelenkflächen. Diese Knochenanbauten verringern oft die Beweglichkeit des Gelenkes.

Eine Arthrose kann fast symptomlos verlaufen. Typischer sind jedoch Anlauf- und belastungsabhängiger Schmerz, später können die Gelenke auch weh tun, wenn der Hund liegt. Die Stärke der Schmerzen korreliert jedoch nicht zwangsläufig mit dem Ausmaß an Verschleiß, die das Röntgenbild zeigt. So kann eine leichte Arthrose starke Beschwerden verursachen und umgekehrt.
Knirschen und Knacken (Krepitationen) bei Bewegung gelten als weitere Symptome einer fortgeschrittenen Arthrose, verursacht durch die zunehmende Unebenheiten der Gelenkflächen.
Im Verlauf der Krankheit können sich schmerzlose Phasen mit schmerzhaften abwechseln.

Bei der HD ist, wie auch bei anderen Skeletterkrankung, die Schmerzlinderung immer das erste Ziel der Hundephysiotherapie. Die Basis bildet oft die klassische Massage. Neben dem mechanischen Lösen von schmerzhaften Verspannungen und Verklebungen kann sie Schmerzbotenstoffe aus dem Gewebe schwemmen und Mechanismen aktivieren, die den Schmerz hemmen.
Weitere schmerzlindernde Methoden sind die Magnetfeldtherapie, die Elektrotherapie, die gezielte Anwendung von Wärme und Kälte sowie die manuelle Therapie. Letztere wirkt direkt auf das Gelenk und steigert die Bildung der Gelenkschmiere und verändert ihre Viskosität, so dass die Gelenkflächen besser und weniger schmerzend gleiten und der Knorpel ausreichend versorgt ist. Zudem kann diese Methode die Beweglichkeit des Gelenkes erhöhen.

Arthrose ist bei der HD aber nicht das einzige Problem.
Die Instabilität des Gelenkes führt zu einer Kräftigung und Verkürzung eines Muskels (Musculus pectineus) an der Innenseite des Oberschenkels. Verkürzt behindert er die normale Beweglichkeit: der Hund kann sein Bein nicht mehr komplett nach hinten strecken und auch das vollständige seitliche Abspreizen bereitet ihm Probleme. Die eingeschränkte Beweglichkeit verringert die Schrittlänge und verändert sein Gangbild. Beim Laufen müssen andere Gelenke die eingeschränkte Beweglichkeit und mangelnde Belastbarkeit des kranken Hüftgelenkes ausgleichen, was zu Fehlbelastungen führt. Auch leistet die verminderte Beweglichkeit dem Abbau anderer Muskeln Vorschub. Massagen und Dehnübungen lockern den M. pectineus und die Beweglichkeit im Hüftgelenk nimmt zu und ermöglicht den gezielten Muskelaufbau. Die gestärkte Muskulatur gibt dem Gelenk mehr Stabilität.

Doch nicht nur der Muskelabbau ist ein Problem, das durch die eingeschränkte Beweglichkeit entsteht. Bei mangelnder Bewegung ist das Gelenk schlecht geschmiert, was bei Arthrose auch den sogenannten Anlaufschmerz erklärt: Der Hund steht nach dem Schlaf auf und bewegt sich einige Schritte sehr steif oder humpelt. Je länger er läuft, desto mehr verschwinden Steifheit und Humpeln.

Natürlich sind auch der Hundephysiotherapie Grenzen gesetzt, einige Hunde haben so schwere HD, dass nur eine Operation oder eine gezielte Schmerzmedikation ein lebenswertes Leben gewährleisten.

Eine Stufe im Gelenk: die ED
Neben der HD ist die Ellenbogendysplasie (ED) eine bekannte Skeletterkrankung meist größerer Hunde. Beide Krankheiten werden polygen (über mehrere Gene) vererbt. Ernährung und Bewegung des Welpen und Junghundes können die Erkrankungen zusätzlich beeinflussen. Die ED schreitet ein Leben lang fort und ist ebenso wie die HD nicht heilbar; operative und konservative Therapien bewirken jedoch meistens eine weitgehende Schmerzfreiheit.
Oft zeigt die ED bereits beim Junghund Symptome: Im Alter von vier bis acht Monaten steht er meist nach Ruhephasen steifbeinig auf, die Beweglichkeit des Ellenbogen ist eingeschränkt und der Ellenbogen an den Brustkorb gedrückt. Später zeigt er Schmerzen im Vorderbein durch Humpeln und das Gelenk ist geschwollen. Was ist der Grund?

Das Ellenbogengelenk ist ein zusammengesetztes Gelenk, es besteht aus drei Knochen und drei Gelenken. Der Oberarm (Humerus) bildet den oberen Teil des Gelenkes, Elle und Speiche (Ulna und Radius) den unteren.

Schematische Darstellung: Ellenbogengelenk

Wachsen Elle und Speiche ungleichmäßig, dann entsteht im unteren Gelenkteil eine Stufe, die Reibungen und Schmerzen verursacht. Der Gelenkknorpel ist früh von Arthrose betroffen. Ist diese Stufe klein, dann kann die Arthrose die einzige Folge sein. Bei schwererer ED treten jedoch weitere Veränderungen im Ellenbogen auf:

1. Fragmentierung des Processus coronoideus medialis (FPC): An der Innenseite des Ellenbogens befindet sich an der Elle ein kleines Knochenstück: der Processus Coronoideus. Wenn er während der Wachstumsphase nicht verknöchert, kann er abbrechen und verursacht im Gelenk Schmerzen und schädigt den Gelenkknorpel.

2. Isolierung des Processus anconaeus (IPA): Der Processus anconaeus ist ein knöcherner Fortsatz der Elle, der beim gesunden Hund im Alter von 18 bis 24 Wochen mit der Elle verschmilzt. Wächst die Elle zu langsam, verhindert das die Verschmelzung und der Processus anconaeus bleibt isoliert im Gelenk.

Eine Osteochondrosis dissecans (OCD) kann auch in anderen Gelenken entstehen, sie gehört im Ellenbogen aber zur ED.
Bei der OCD löst sich im Wachstum des Hundes ein Stück Knorpel vom Knochen und liegt als freies Teilchen in der Gelenkhöhle.

Losgelöste Knochen- (FCP und IPA) oder Knorpelteile (OCD) sollten möglichst früh chirurgisch entfernt werden, da sie Schmerzen verursachen und das Gelenk dauerhaft reizen. Beim IPA besteht zudem die Möglichkeit ihn operativ an der Elle zu fixieren.
Nach einer postoperativen Zeit der Schonung stabilisieren Übungen zum Muskelaufbau das Gelenk und passive Bewegungstherapien verbessern seine Beweglichkeit.
Jedoch ist das Gelenk nicht so stabil wie ein gesunder Ellenbogen. Gleiches gilt für ein therapiertes Hüftgelenk mit HD. Starke Belastungen können bei beiden Erkrankungen Verschleiß und Schmerzen fördern.

Die Folgen schwerer Unfälle, gerade im Wachstum des Hundes, können bei einigen Hunden ähnliche Probleme wie die HD und ED verursachen.

Sport, Spiel und Spaß

Aus Sicht der Gelenke wäre es sinnvoll, wenn sich der Hund nur gleichmäßig bewegt und wilden Galopp und Rempelspiele ganz vermeidet. Aber ein Hund mit HD, ED oder Arthrose besteht nicht nur aus seinem erkrankten Gelenk, Spaß und Lebensfreude tragen viel zur Gesundheit unserer Vierbeiner bei. Für den Hundehalter heißt das oft Kompromisse finden: Will der Hund mit anderen Hunden spielen, so sollte der Mensch ihm das auch gönnen. Liebt er seinen Ball über alles, so lässt sich das Ballspiel auch etwas verändern: Kein stundenlanges Werfen, sondern Versteckspiele mit dem Ball oder dem Hund den Ball flach zuwerfen, wenn er steht oder auf den Menschen zuläuft.

Hundesportarten mit Sprüngen sind bei diesen Erkrankungen zu meiden. Jede Landung nach einem Sprung presst die Gelenkflächen zusammen, im gesunden Hund wirken die Gelenkknorpel dabei als Stoßdämpfer. Passen die Gelenkflächen jedoch nicht zusammen, dann fördern die Kräfte, die auf das Gelenk beim Sprung wirken den Gelenkverschleiß und beschleunigen ihn. Aber kein Hund muss deshalb ohne Hobby und Aufgabe bleiben. Nasenarbeit bietet eine gesündere Alternative, auch eignen sich viele Dogdance-Tricks für Hunde mit Gelenkerkrankungen. Unter Namen, wie Vitality, Rehagility oder Vitagility bieten immer mehr Hundekrankengymnasten und Hundeschulen eine Parcoursportart an, deren Geräte Koordination, Geschicklichkeit und Muskulatur trainieren. Gerade gelenkkranken Hunden helfen diese Übungen und sie machen Mensch und Hund viel Spaß.

Schwimmen hilft immer, oder?

Fast jeder betroffene Hundehalter erhält den Tipp, der Hund mit ED oder HD solle schwimmen, schwimmen und schwimmen. Einige Hunde mit Ellenbogenarthrose kommen nach dem Schwimmen aber humpelnd aus dem Wasser. Die Ursache: Beim Schwimmen muss der Hund seinen Ellenbogen viel mehr beugen als beim Laufen, das kann bei Problemen im Ellenbogen sehr schmerzhaft sein. Diesen Hunden sollte ein Schwimmtraining natürlich erspart bleiben.
Schwimmen gilt oft als ultimative Therapie bei HD. Bei einigen Hunden funktioniert das auch, durch den Auftrieb im Wasser sind ihre Gelenke entlastet und der Widerstand des Wassers sorgt für ein gutes Muskeltraining. Hunde, bei denen aufgrund der HD die Hüftbeweglichkeit stark eingeschränkt ist, liegen aber oft sehr steil im Wasser und führen die Schwimmbewegung fast nur mit den Vorderbeinen aus. Der Trainingseffekt für die Hinterbeine ist so gleich Null.
Eine mögliche Alternative: Der Hund schwimmt nicht, sondern geht durch flacheres Wasser.

Ein winziger Knochen macht große Beschwerden: die Patellaluxation

Diese Art des Wassertrainings ist auch eine sinnvolle Therapie bei einer weiteren Sekeletterkrankung, die überwiegend kleinwüchsige Hunde betrifft: die Patellaluxation (PL), auch als Rausspringen der Kniescheibe bezeichnet. Die Kniescheibe (Patella) ist ein ovaler oder tropfenförmiger Knochen, der beim Hund viel kleiner als beim Menschen ist. Bei einem mittelgroßen Hund hat sie ungefähr die Maße eines kleinen Fingernagels.
Das Kniegelenk besteht aus zwei Gelenken: dem Kniekehlgelenk und dem Kniescheibengelenk. Beide Gelenke bilden eine Einheit: Sie bewegen sich immer gemeinsam. Kniescheibe und Rollfurche im Oberschenkelknochen bilden das Kniescheibengelenk, das zu den Schlittengelenken gehört, da die Patella in der Furche hoch und runtergleitet. Eingelagert ist die Kniescheibe in die Endsehne des vierköpfigen Oberschenkelmuskels.
Bei der Patellaluxation (PL) ist meistens die Rollfurche des Oberschenkels nicht ausreichend ausgebildet und so kann die Kniescheibe herausspringen. Bei leichten Formen luxiert sie jedoch nicht vollständig und gleitet bei normaler Bewegung in die Furche zurück. Hier kann die gezielte Kräftigung des vierköpfigen Oberschenkelmuskels helfen das Gelenk zu stabilisieren. Das funktioniert um so besser, je jünger der Hund mit dem Muskeltraining beginnt.
Eine Untersuchung auf PL ist beim kleinwüchsigen Junghund empfehlenswert, auch da sie ohne großen Aufwand durchführbar ist: der Tierarzt bewegt das Knie und fühlt dabei, ob die Patella in ihrer Furche bleibt oder durch seitlichen Druck verschiebbar ist.
Bei schweren Formen der PL gleitet die Kniescheibe nicht von selber zurück, was schmerzhaft ist. Häufig versuchen betroffene Hunde durch kurzes Hüpfen oder nach hinten Strecken des Beins das Problem zu lösen. Bei schwerster Patella Luxation gelingt dem Hund das nicht und er benutzt das betroffene Bein nicht mehr. Bei diesen Formen hilft nur eine Operation, bei der meist die Rollfurche vertieft wird. Selten sind weitere chirurgische Maßnamen notwendig. Durch die PL besteht die Gefahr einer frühen Kniegelenkarthrose.

Erkrankungen der Wirbelsäule

Aufgrund von Schonhaltungen bei HD, ED oder PL kann es zu schmerzhaften Rückenproblemen kommen: Verspannungen und Blockaden sind meist die Ursache. Beide sind in der Regel durch Massagen und Dorn-Therapie gut lösbar. Letztere ist ein sanfter, jedoch sehr zuverlässiger Weg, Gelenk- und Wirbelblockaden beim Hund zu richten. Sanft deshalb, da sie sich weder langer Hebel noch Impulstechniken bedient. Grundsätzlich behandelt die Dorn-Methode nicht nur einen einzelnen Wirbel, sondern richtet alle Gelenke und Wirbel des Hundes. So wird die optimale Statik des gesamten Bewegungsapparates wiederhergestellt, ohne dass Gefahr besteht Bänder oder Sehnen zu überdehnen.

Neben Blockaden und Verspannungen gibt es sehr ernsthafte Erkrankungen an der Wirbelsäule, unter anderem die Spondylose und den Bandscheibenvorfall.
Die Wirbelsäule ist das zentrale tragende Element aller Wirbeltiere, sie verbindet die anderen Teile des Skeletts. Bei der Steuerung und Übermittlung von Reizen spielt das in ihr liegende Rückenmark eine zentrale Rolle. Die Wirbelsäule des Hundes besteht aus sieben Halswirbeln, 13 Brustwirbeln und sieben Lendenwirbeln. Das Kreuzbein bilden drei miteinander verschmolzene Wirbel. Je nach Rasse hat der Hund 20-23 Schwanzwirbel.

Die Wirbel, mit Ausnahme des Kreuzbeines, sind gelenkig miteinander verbunden; Bänder stützen und halten sie. Zwischen den Wirbeln fungieren Bandscheiben als Stoßdämpfer und Puffer, außer zwischen den ersten beiden Halswirbel. Bandscheiben bestehen aus einem äußeren, bindegewebigen Faserring, der einen gallertartigen weichen, inneren Kern umschließt.

Bei einem Bandscheibenvorfall (latein.: Prolapsus nuclei pulposi, Discusprolaps) treten Teile der Bandscheibe in den Rückenmarkskanal vor. Hier spielen genetische und rassebedingte Ursachen eine Rolle, ein Bandscheibenvorfall kann aber auch die Folge eines Unfalls oder dauerhafter Fehl- und Überbelastungen sein. Bei einem unvollständigen Vorfall (Diskusprolaps) bleibt die Bandscheibe unbeschädigt, drückt aber auf das Rückenmark, was sehr schmerzhaft ist. Die Hunde haben einen gekrümmten Rücken, laufen steif und teilweise kommt es zu einem schwankenden Gang und Koordinationsproblemen. Selten sind Lähmungen. Eine Therapie muss schnell beginnen, Heilung ist möglich.

Schematischer Querschnitt einer Bandscheiben. Der rote Pfeil markiert, wie eine Bandscheibe vorfällt

Bei einem vollständigen Vorfall (Diskusruptur) zerreißt der äußere Ring der Bandscheibe und der weiche Kern fällt vor, drückt auf das Rückenmark oder zerstört es. Letzteres führt zur Lähmung aller Körperteile hinter dem Bandscheibenvorfall. Eine sofortige Operation, die das Bandscheibenmaterial entfernt, kann das Rückenmark retten.
Bei leichteren Vorfällen ist meist keine Operation notwendig, mit einer Ausnahme: Auch unvollständige Bandscheibenvorfälle in der Halswirbelsäule sind oft so schmerzhaft, dass der Hund bei kleinsten Bewegungen minutenlang schreit. Hier ist eine Operation anzuraten.

Wenn der Rücken versteift: Spondylose

Bei der Spondylose (auch Spondylopathia deformans genannt) bildet der Körper knöcherne Zubildungen meistens an der Unterseite der Wirbel, sogenannte Exostosen. Spondylosen treten oft im Alter auf, bei einigen Hunden zeigt das Röntgenbild aber bereits mit 2 Jahren Exostosen. Größere Rassen sind häufiger betroffen als kleinwüchsige Hunde.

Die Exostosen können erhebliche Ausmaße annehmen und seitlich an den Wirbeln bis in die Region der Nervenabgänge reichen. Sie bilden Brücken, die mehrere Wirbel starr miteinander verbinden. Sind ganze Abschnitte der Wirbelsäule so miteinander verwachsen, spricht man von einer Bambusstabwirbelsäule.

Selten verursachen Spondylosen Koordinationstörungen oder Lähmungen. Dann besteht die Möglichkeit die Exostosen operativ zu entfernen. Eine Spondylose kann nahezu symptomlos verlaufen. Schmerzen bereitet die Spondylosen meist nur während der Wachstumsphase der Exostosen.
Die Folge der Spondylose ist eine verringerte Beweglichkeit der Wirbelsäule, darum sollte der Hund extreme Bewegung und Sprünge vermeiden. Hier droht immer das Brechen der verknöcherten Brücke, was zu Schmerzen führen kann.
Doch warum bildet der Hundekörper überhaupt direkt an seiner Wirbelsäule neue knöcherne Strukturen, die seine Beweglichkeit einschränken und sogar zu Lähmungen führen können? Abschließend erforscht ist diese Frage nicht. Eine logische Erklärung: Die Brücken verbessern die Stabilität im Rücken. Dieser These liegt zugrunde, dass dem Körper die bestehende Stabilität nicht ausreicht. Das kann anatomische, vererbte Ursachen haben, ebenso aber auch in einer Über- und Fehlbelastung der Wirbelsäule begründet sein. Auch berichten Hundehalter, dass der Hund einen Unfall mit starker Stauchung der Wirbelsäule hatte, einige Zeit später diagnostizierte der Tierarzt Spondylose.
Einseitige HD ist ein Beispiel für eine Fehlbelastung, viele der betroffenen Hunde haben zusätzlich Spondylose. Die Hunde entlasten ein Hinterbein und neigen darum zu Verspannungen und Blockaden in der Lendenwirbelsäule. Beispiele für Überbelastung sind sicherlich einige Sporthunde, deren Wirbelsäulen durch häufiges und extremes Sprungtraining besonders belastet sind.

Unterstützt wird diese These zur Entstehung der Spondylose dadurch, dass die Exostosen oft in der Nachbarschaft von Wirbeln entstehen, deren Bandscheiben oder Bänder Verschleiß zeigen. Zudem sind die meisten Spondylosen in den stärker belasteten Bereichen der Wirbelsäule zu finden. Dazu zählt der hintere Abschnitt der Lendenwirbelsäule am Übergang zum Kreuzbein, der beim Laufen und Springen in die Bewegung der Hinterbeine einbezogen ist. Zudem ist dort der Übergang von der besonders beweglichen Lendenwirbelsäule zum starren Kreuzbein.

Die beste Therapie: Vorbeugung

Auch für den Hund gibt es Methoden zur Prophylaxe von Rückenproblemen: Stärkung der Rückenmuskulatur, Aufwärmen vor dem Hundesport und das Lösen von Verspannungen und Blockaden gehören dazu.
Erfreulich ist in diesem Zusammenhang, dass immer mehr Hunde ein gut sitzendes Geschirr tragen und die ständige Leinenruckerei am dünnen Halsband in der Hundeerziehung aus der Mode kommt.
Kommt es trotzdem zu Bandscheibenvorfall oder Spondylose steht die Schmerztherapie an erster Stelle. An die Akutbehandlung schließt ein gezieltes Training der Rückenmuskulatur an. Massagen und Wärmebehandlungen regen den Stoffwechsel an und verhindern weitere Rückenprobleme.

Gerade bei Rückenschmerzen kann ein Hund Schmerzen haben, die er nicht durch Humpeln zeigt. Spondylose in der Lendenwirbelsäule führt manchmal dazu, dass dem Hund ein korrektes „sitz" schmerzt. Ähnliches gilt auch bei Knieproblemen. Schade, wenn Halter oder Trainer das „sitz" mit Gewalt durchsetzen wollen. Sollte ein Hund mit einer Übung Schwierigkeiten haben oder Übungen und Sprünge im Hundesport plötzlich verweigern, dann ist das ein Grund, ihn auf Gelenkschmerzen untersuchen zu lassen! Ein anderes Phänomen bei Rückenproblemen ist das Sozialverhalten. Nicht selten erzählen Halter, dass ihr Hund nach dem Lösen von schmerzhaften Blockaden anderen Hunden gegenüber viel freundlicher ist. Natürlich hat nicht jeder Hund Schmerzen, der ein Problem mit anderen Hunden hat, aber es lohnt sich dieses herauszufinden, bevor ein endloses Training zu Frustrationen führt.
Gerade Schmerzen in der Halswirbelsäule können für den Hund so unerträglich sein, dass er Berührungen kaum ertragen kann und um sich schnappt. Bevor dem Hund nun das Etikett „bissig" anhängt, sollte eine gründliche Untersuchung erfolgen. Denn viele Rückenprobleme sind gut therapierbar.

Hinten krank - Hund humpelt vorne

Der Dalmatiner Hugo hatte eine bekannte Erkrankung in der hinteren Lendenwirbelsäule. Die Praxis betrat er mit einem Vorderbein humpelnd. Er lief vorne sehr breitbeinig und seine Schultermuskulatur war hart verspannt. Bei Berührung zeigte er leichte Schmerzäußerungen. Was war geschehen? Um seine Wirbelsäule im hinteren Bereich zu schonen, hatte er immer mehr Gewicht nach vorne verlagert, beim Gehen zog er sich mehr mit den Vorderbeinen, als dass er Schub aus der Hinterhand entwickelte. Mit der Zeit hatte diese Schonhaltung zu einer Überbelastung seiner Vordergliedmaßen geführt.

Hugo (Foto: L.v.d.Wiel)

Hugo ist ein Beispiel dafür, dass wir bei Skeletterkrankungen immer den ganzen Hund sehen müssen. Schont er ein Bein oder auch nur ein Gelenk, dann muss er andere mehr belasten. Das kann zu Fehlstellungen und schmerzhaften Überbelastungen, bis hin zu frühen Verschleißerkrankungen führen.

Die Sache mit den Schmerzmitteln

Neben den chronischen Gelenkerkrankungen gibt es auch die akuten Verletzungen. Unfälle verursachen Bänderrisse, Knochenbrüche und Sehnen- oder Muskelverletzungen. Ob operativ versorgt oder nicht: alle müssen in Ruhe ausheilen. Bewegung und Belastung der verletzten Körperteile verlangsamen die Heilung oder verhindern sie sogar. Häufige oder nicht geheilte Verletzungen der Bänder verursachen Arthrose. So können aus akuten Verletzungen chronische Erkrankungen entstehen.
Bei akuten Verletzungen ist mit Schmerzmitteln vorsichtig umzugehen. Natürlich soll kein Hund vor Schmerzen schreien oder regungslos in der Ecke liegen, aber er soll merken, dass er verletzt ist und das betroffene Körperteil schonen.
Anders verhält es sich bei chronischen Skeletterkrankungen, bei denen eine Heilung unmöglich ist. Humpelt ein Hund aufgrund starker Arthroseschmerzen, beginnt ein Teufelskreis: Ohne Bewegung des betroffenen Beines tritt eine fortlaufende Schwächung von Muskulatur, Bändern und Sehnen ein, jede ausgeführte Bewegung wird noch schmerzhafter. Durch die mangelnde Bewegung ist das Gelenk schlecht geschmiert und der Gelenkknorpel unterversorgt, was die Arthrosebildung weiter verstärkt. Eine effektive Schmerztherapie durchbricht diesen Teufelskreis.

Die kleine Lena vom Anfang dieses Artikels ist ein gutes Beispiel dafür, dass eine strikte Trennung von chronischen und akuten Skeletterkrankungen unmöglich ist. Die Humeruskopfluxation ist eine chronische Skeletterkrankung, bei der Muskelaufbau und sinnvolle Bewegung eine erfolgversprechende Therapie sind. Ist die Schulter aber akut luxiert, dann sind Bänder und Kapsel stark gedehnt und brauchen zur Heilung vor allem eins: Schonung.
Tanja Buchner

©Tanja Buchner, Februar 2009

In Gedenken an Lena, die im Dezember 2009 nach schwerer Herzerkrankung im Alter von 12 Jahren starb.